Seit zwei Wochen ist ein Freiwilliger in der Gisela Memorial Clinic.
Hier ist Kilians Bericht über seine ersten Eindrücke.
Meine ersten Wochen als Freiwilliger in einem Buschkrankenhaus in Ghana
Dass ich in nicht mehr in Deutschland bin merke ich sofort, als ich vor gut zwei Wochen in Accra, der ghanaischen Hauptstadt, aus dem Flieger steige. Einerseits an der heißen und feuchten Luft, die mir entgegenschlägt als ich dieses neue, um 18 Uhr bereits stockdunkle Land betrete. Andererseits an den Ziegen im Kofferaum eines Trotros, das wir auf der Fahrt zur Klinik überholen, während am Fenster Palmen, strohgedeckte Lehmhütten und dunkelhäutige Menschen in bunten Kleidern und mit Schüsseln auf dem Kopf vorbeiziehen.
Doch diese Unterschiede konnte ich bereits vor der Abreise in Bildern und Filmen bestaunen. Anders verhält es sich mit dem Kennenlernen der Menschen hier. Auffällig ist, wie freundlich und herzlich alle sind. Wenn ich durchs Dorf gehe, werde ich von allen Seiten gegrüßt oder bekomme Essen geschenkt. Bleibe ich stehen dauert es nur Sekunden, bis jemand herbeigeeilt kommt, um mir einen Stuhl zu bringen.
In der Stadt ist das anders, anonymer, dafür bietet mir dort jeder seine Hilfe an und führt mich, sollte ich einmal den Weg nicht kennen. In meinem kleinen Dorf sind einige extra zu der Klinik gekommen, in deren Nebengebäude ich lebe, um mich kennenzulernen und willkommen zu heißen. Wichtig ist ihnen oft, mir auch ihr bescheidenes Heim zu zeigen. Denn, obwohl ich niemanden hungern sehe, haben die Menschen hier wenig, sind auf dieses wenige aber sehr stolz.
Aufgefallen ist mir auch schnell, dass ich hier als Weißer anders behandelt werde. Zwar gibt es natürlich auch Weiße in Ghana – außer den Freiwillig verirren sich diese aber selten in die Dörfer, sondern bleiben in den wirtschaftlich interessanteren großen Städten. Ich werde hier also wie ein wichtiger Mann behandelt: egal ob in der Kirche oder bei Festen bekomme ich einen Ehrenplatz und soll mich vorstellen. Dabei wird mir auch oft und lange die Hand geschüttelt, aus Freundlichkeit und Interesse, meine Haut zu berühren. Die mutigen Kinder kommen ganz offen heran und wollen Haut und Haare fühlen, mit mir reden und mir Kunststücke vorführen, die nicht so mutigen trauen sich nicht ganz heran und beschränken sich darauf, mir vom Straßenrand „Javuu!“ (weißer Mann) hinterher zu rufen.
Kinder sind es auch, die ich hauptsächlich in Julianas Klinik antreffen. Viele Geburten gibt es hier, manchmal mehrere pro Tag und die Schwangeren kommen vor und nach der Geburt, um erst sich und später ihre Kleinen durchchecken zu lassen. Sonst gibt es, auch bei Erwachsenen, viele Fälle von Malaria, Fieber oder Schmerzen. Ernster Durchfall ist typisch hier, gelegentlich Infektionskrankheiten. Ebenfalls behandelt werden hier Wunden, Verbrennungen oder schwere Verletzungen nach Motorradunfällen, die bei der riskanten Fahrweise auf den schlechten Straßen leider nicht selten sind. Fälle, die die Kapazität der kleinen Klinik übersteigen, fährt Juliana dann ins Krankenhaus der nächsten großen Stadt Ho.
Einmal im Monat kommen außerdem die „community nurses“, um die Kinder zu wiegen und zu impfen und die Eltern zu beraten. Die restliche Zeit übernimmt Juliana diese Aufgabe und klärt Mütter und Frauen, die Mutter werden wollen – oder eben noch nicht – über ihre Möglichkeiten auf und hilft. Für diese Gespräche gibt es einen privaten kleinen Raum, genauso wie für die Medikamente. Sonst besteht die Klinik noch aus einem Flur mit Schreibtisch und Aktenschrank und zwei kleinen Zimmern mit Betten für Schwangere und schwere Fälle, sowie einer winzigen Kammer, in der Juliana schläft, um in der immer geöffneten Klinik auch nachts für Patienten erreichbar zu sein.
Meine Arbeit findet vor allem mit Julianas Helferinnen vor den Türen der Klinik statt: unter dem Vordach hier warten die Patienten mit den unkomplizierten Fällen und werden sofort versorgt. So helfe ich zum Beispiel beim Wiegen, Temperatur und Blutdruck messen und Testen der vielen Malaria Patienten. Außerdem helfe ich in der Buchführung: alles muss hier für die Krankenkassen oft dreifach in verschiedene Listen und Bücher eingetragen werden, was handschriftlich einen großen Aufwand verursacht.
Ich freue mich schon darauf, immer mehr hier in der Klinik mit anpacken zu können und tiefer in dieses faszinierende Land einzutauchen, um mehr über seine Palmen und Lehmhütten zu erfahren, vor allem aber über die darin lebenden Menschen.